Der historische Hintergrund der Kurzgeschichte ist die Geschichte und Kultur der Siebenbürger Sachsen, einer Volksgruppe deutscher Abstammung, die ab Mitte des 12. Jahrhunderts in Siebenbürgen (Rumänien) angesiedelt wurden. Die Kolonialisierung begann unter der Herrschaft von König Géza II. von Ungarn (1141-1162).
Die Siebenbürger Sachsen bildeten geschützte Gemeinschaften in Städten und Dörfern, in denen sie ethnische Traditionen pflegten, die durch spezifische Bräuche, Folklore, Lebensweisen und einen unverwechselbaren Trachtenstil gekennzeichnet waren.
Privilegierten Status
Zusammen mit dem ungarisch-siebenbürgischen Adel und den Szekler waren die Siebenbürger Sachsen Mitglieder der Union der drei Nationen, einer Charta, die 1438 unterzeichnet wurde. Dieses Abkommen bewahrte ihnen ein beträchtliches Maß an politischen Rechten, schloss jedoch die ungarische und rumänische Bauernschaft vom politischen Leben im Fürstentum weitgehend aus.
Verlust des Elite-Status
Kaiser Joseph II. versuchte Ende des 18. Jahrhunderts, die Union der drei Nationen zu widerrufen. Seine Aktionen zielten auf die politische Ungleichheit in Siebenbürgen ab, insbesondere auf die politische Stärke der Sachsen. Viele Sachsen begannen sich als kleine Minderheit zu verstehen, angefeindet von nationalistischen Rumänen und Ungarn. Obwohl sie eine reiche und einflussreiche Gruppe blieben, waren die Sachsen innerhalb des modernen Siebenbürgen keine dominierende Klasse mehr.
Erster Weltkrieg
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wird am 1. Dezember 1918 in Alba Iulia die Vereinigung Siebenbürgens, Bessarabiens und der Bukowina mit dem Königreich Rumänien erklärt.
Die Vertreter der Siebenbürger Sachsen entschliessen sich, die Zusammenführung Siebenbürgens mit dem Königreich zu unterstützen. Obwohl ihnen volle Minderheitenrechte versprochen werden, verlieren viele wohlhabende Sachsen einen Teil ihres Landes durch den Landreformprozess, der nach dem Krieg in ganz Rumänien durchgeführt wurde. Diese Ereignisse wurden überschattet von der Spanischen Grippe Pandemie die zwischen 1918 und 1920 weltweit mehr als 20 Millionen Todesopfer forderte.
Zweiter Weltkrieg
Angesichts des Aufstiegs von Adolf Hitler in Deutschland wurden viele Siebenbürger Sachsen zu überzeugten Befürwortern des Nationalsozialismus. 1942 und 1943 schloss Deutschland
Abkommen mit Ungarn bzw. Rumänien, wonach die für den Militärdienst geeigneten Rumänien-Deutschen in die regulären deutschen Militäreinheiten aufgenommen werden konnten. Infolge dieser Vereinbarungen schlossen sich rund 63.000 Angehörige der deutschen Volksgruppe, die für den Militärdienst geeignet waren, freiwillig den Waffen-SS-Einheiten an. Mehr als 15% von ihnen starben im Krieg. Nur wenige tausend Überlebende können danach nach Rumänien zurückkehren wo sie verhaftet und zum Teil jahrelang in Gefangenschaft festgehalten wurden.
Deportation in die Sowjetunion
Zwischen 1945 und 1949 wurden mehr als 70.000 Rumäniendeutsche in die Sowjetunion deportiert. Dort mussten sie Zwangsarbeit leisten als Beitrag zur deutschen Kriegsreparation.
Massenexodus der rumänischen Volksdeutschen
Da rumänische Volksdeutsche von der Deutschen Bundesregierung
als ‘Deutsche im Ausland’ eingestuft wurden, haben die Sieben-
bürger Sachsen das Recht auf die deutsche Staatsbürgerschaft
(Gesetz über Flüchtlinge und Exilanten, 1953). Seit den 1970er Jahren und in einer Massenabwanderung nach 1990 wanderte die überwiegende Mehrheit hauptsächlich nach Deutschland, aber auch nach Österreich, Kanada und in die USA aus. Nach der rumänischen Revolution von 1989 kommt es zu einer Massenflucht der Rumäniendeutschen nach Deutschland. Die Bundesregierung sieht sich 1993 gezwungen, verschärfte Gesetze für die Zuwanderung von Aussiedlern zu erlassen, um den Zustrom zu begrenzen. Während 1930 in Rumänien noch rund 750.000 Deutsche lebten, waren 2015 nur noch knapp 30.000 übrig.
Lösegeld für Rumänien-Deutsche
Zwischen 1967 und 1989 zahlte die Deutsche Bundesregierung ein Lösegeld für die Rumänien-Deutschen, das insgesamt 226.654 Personen erlaubte, das kommunistische Rumänien zu verlassen.
Die Verhandlungen mit Nicolae Ceaușescu und dem rumänischen Geheimdienst Securitate unter dem Codenamen Geheimsache Kanal wurden vor der deutschen Bevölkerung lange geheim gehalten. Die Höhe der Zahlungen für das sogenannte Kopfgeld wird auf über eine Milliarde Deutsche Mark geschätzt (~ 511 Millionen Euro).
Europäische Union
Rumänien tritt am 1. Januar 2007 der Europäischen Union bei.
Rumänisch-deutscher Präsident
Klaus Johannis (rumänisch: Iohannis) wird 2014 der erste rumänische Präsident, der von einer ethnischen Minderheit abstammt. Er ist Siebenbürger Sachse und ehemaliger Bürgermeister von Hermannstadt (Sibiu). 2019 wird er im Amt bestätigt.
Literaturempfehlungen
Bucureștiul mutilat
Andrei Pandele
Humanitas, 2018
Frei – Politisch – Sozial:
Der Deutsch-Sächsische Frauenbund für Siebenbürgen 1921-1939
Ingrid Schiel
Böhlau Köln, 2017
Geschichte der Siebenbürger Sachsen
Ernst Wagner
Wort+Welt+Bild, 2009
Kirchen- und Festtagskleidung der Siebenbürger Sachsen
Rose Schmidt, Werner Förderreuther
Wort+Welt+Bild, 2011
Nicolae Ceaușescu – Eine Biographie
Thomas Kunze
Christoph Links Verlag, 2000
Niederungen
Herta Müller
Hanser Verlag, 1982/2010
PhotoResearcher
In Focus: Photography in Romania
No. 34, 2020
Wege in die Freiheit: deutsch-rumänische Dokumente zur Familienzusammenführung und Aussiedlung 1968-1989;
Heinz Günther Hüsch, Peter-Dietmar Leber, Hannelore Baier
Hüsch & Hüsch, 2016
Wie lieb ich Dich, mein Dörflein klein
Meine Jugend in Meschen im siebenbürgischen Weinland
Maria Schotsch
Schiller Verlag, 2015
Wunderzeit
Catalin Dorian Florescu
Pendo Verlag, 2001
Zwischen Hitler, Stalin und Antonescu:
Rumäniendeutsche in der Waffen-SS
Paul Milata
Böhlau Köln, 2007
Film
The Autobiography of Nicolae Ceausescu
Andrei Ujica, 2010